Pagina 4
- 23/06/1926
Contenuto
-
Titolo: Von der Weide zur Konservenbüchse
Testo: Keine Hausfrau, die Sonntags ihre wenigen ersparten Groschen zusammensucht, um 1 Pfund Fleisch für ihre Familie zu kaufen, macht sich klar, welchen Weg dieses Fleisch, das sie eben in den Schmortopf legt, schon zurückgelegt hat.
Unternimmt sie dann einen Sonntagsausflug und sieht das Vieh auf den Weiden, so wird ihr ebenso wenig klar, daß dieses Vieh heute ein Objekt des Handels und des Zwischenhandels ist und daß mehrere Parteien daran verdienen, bis es der Kleinkäufer halbpfundweise bei seinem Fleischer erwirbt. Tagtäglich durchwandern die Aufkäufer der städtischen Großschlächtereien die Gemeindebezirke und kaufen den Kleinbauern, die durch die wahnsinnigen Steuern vor dem Ruin stehen, ihre letzte Kuh für einen Preis ab, der weit unter ihrem jeweiligen Handelswert liegt. Der Herr Großgrundbesitzer verkauft nur einige Male im Jahre seine Viehbestände zu höchsten Preisen gegen bare Kasse.
Das in einem Bezirk zusammengekaufte Vieh wandert nach der nächsten Eisenbahnstation und wird, qualvoll zusammengepfercht, in Wagen verladen. In den Zentralviehhöfen der Großstädte wird das Vieh ebenso eng in den dazu hergerichteten Ständen zusammengepreßt und meistbietend an die Schlächter versteigert. Im Berliner ,,Zentralviehhof" finden zweimal wöchentlich diese Versteigerungen statt.
Welche Hölle die heutigen Schlachthäuser sind, wo nicht nur das Vieh in brutalster Weise totgeschlagen wird, sondern wo auch eine Anzahl Proletarier unter den menschenunwürdigsten Bedingungen arbeiten müssen, hat Upton Sinclair in seinem großen Roman ,,Der Sumpf" trefflich geschildert. Man bilde sich gar nicht ein, daß es diesen Sumpf der Ausbeutung, Brutalität und Warenverfälschung nur in Chicago gibt. Auch in Deutschland und in allen anderen kapitalistischen Staaten liegen die Dinge ähnlich. Kaum hat das Tier seinen letzten Schrei getan, ist ausgehäutet und zerlegt worden, so finden sich schon Händlergruppen ein, die die einzelnen Teile zu kaufen wünschen. Besondere Aufkäufergruppen der Leder- und Seifenindustrie erhandeln unter lautem Feilschen die äußeren Abfälle, Häute und Hörner. Andere Gruppen kaufen die sogenannte ,,Innerei", Gedärme, Lunge, Leber und Herz. Von Engros-Schlächtern wird das Blut literweise erhandelt, das zum Wurstmachen gebraucht wird. Das Fleisch kommt in große Kühlhallen, wo es am nächsten Tage verkauft wird. Vorher untersuchen Aerzte und Fleischbeschauer das Fleisch und geben alle Sorten, die nicht gänzlich gesund erscheinen, in die sogenannte ,,Freibank". Diese Einrichtung ist ein ganz besonders skandalöses Kapitel der kapitalistischen Wirtschaftsform, denn in der ,,Freibank" kaufen nur die ärmsten Proletarier, Arbeitslose, Kriegskrüppel und Invalide ihr, Stückchen Fleisch und können gewärtig sein, für ihre sauer zusammengesparten Groschen sich noch eine schwere Infektion zu holen. Fleisch, das nachweislich Trichinen aufweist, wird in die städtische Fleischvernichtungsanstalt gebracht, die 5 Minuten vom Zentralviehhof entfernt liegt.
Das gesunde Fleisch kommt in die große Verkaufshalle, wo es von ½ 6, Uhr morgens an an die kleinen Ladenfleischer verkauft wird. Die Berliner Halle hat eine Einrichtung, die von einer proletarischen Gesundheitspolizei sofort verboten würde, im kapitalistischen Staat aber trotz heftigen Protestes aus Aerztekreisen immer noch fortbesteht. Die Gänge liegen nämlich höher als die Stände, so daß alles Schmutzwasser in die Stände fließt und dem Fleisch einen üblen Geruch verleiht.
Auf dem bekannten Fleischerwagen wird die Ware in die Fabriken und Fleischerläden gebracht. Dort wird es zerteilt und zu Wurst verarbeitet oder in Konservenbüchsen gefüllt.
Bemerkenswert ist, daß in Deutschland der Verbrauch an Fleisch weit hinter der Vorkriegszeit zurückbleibt. Wie soll sich auch ein Mann, der im Höchstfall den gleichen Nominalverdienst wie 1914 hat, dafür aber die doppelten Lebenshaltungskosten, noch Fleisch, das für den Proletarier schon immer ein Luxusartikel war, leisten? Dazu kommt die entsetzliche ,,ewige" Arbeitslosigkeit, die weiten Kreisen den Fleischgenuß völlig verbietet.
Didascalie delle foto da sinistra verso destra
In der Kühlhalle.
Das frischgeschlachtete Vieh wird zur Kühlung aufgehängt.
Die letzte Stunde.
Schweine warten in den Koben des Zentralschlachthauses an den letzten Stirnschlag mit dem Holzknüppel.
„Innereien“
Die Tiere werden ausgeweidet und Herz, Lunge und Gedärme an die schon wartenden Händler versteigert.
„Bedingt taugliches“ Fleisch
wird an die Aermsten der Armen verkauft, damit die bürgerlichen Profite nicht leiden. Die Polizei,
die ein Instrument der herrschenden Klasse ist, darf dagegen nicht einchreiten, obwohl der Genuß des minderwertigen Fleisches schwere gesundheitliche Gefahren in sich birgt.
Consistenza rilevata
- Quantità
- 1
- Tipologia
- documento/i
Unità di conservazione
- Unità di conservazione
- sottofascicolo
Orientamento
- verticale
Modalità di scrittura
- a stampa
Supporto
- cartaceo
Dimensioni
- Unità di misura
- cm
- Altezza
- 44